Hannah - so nenne ich jetzt mal die junge Frau - die zur Zeit im zweiten Ausbildungsjahr als Friseurin ist und sich von mir Hilfe holen möchte. Sie weint, ist ratlos und überlegt sich die Ausbildung abzubrechen, zumal sie von ihrer Mathematiklehrerin nach einem misslungenen Test auch die Frage gestellt bekam, ob sie denn denke, in diesem Beruf richtig zu sein!
Ich lerne Hannah als eine sehr kreative junge Frau kennen, die anfängt zu schwärmen, wenn es um Haare geht und außerdem noch hoch sensibel im Umgang mit Menschen ist.
Ich kann mich zunächst nur freuen, einem so wertvollen jungen Menschen zu begegnen! Die Tatsache allerdings, dass Hannah weinend und resigniert vor mir sitzt, löst bei mir auch Ärger aus.
Der Ärger bezieht sich vorrangig darauf, dass Lehrbeauftragte so viele kleine Seelen stören können. Lehrlinge sind uns anvertraut, ihnen unsere Fertigkeiten und Erfahrungen in immer wertschätzender Weise zu vermitteln. Die Erwachsenen sind es, die unseren Heranwachsenden Wertschätzung vorleben müssen. Natürlich muss auch Kritik sein, aber auch diese immer in einer konstruktiven Sprache.
NUR SO FUNKTIONIERT LERNEN!
Den Satz "Du sollst nicht denken, Du sollst arbeiten" bekommt Hannah mehrmals in der Woche von ihrer jungen Chefin zu hören. Und zwar immer dann, wenn sie schneller sein soll! Der "Profitipp" dabei ist: "Mach jetzt einfach mal schnell, später kannst Du die Feinheiten lernen!"
Nicht nur Hannah kann mit dieser "Belehrung" nichts anfangen, sondern ich auch nicht. Im Übrigen widerspricht diese Aussage jeder wissenschaftlichen Lernstrategie, die davon ausgeht, dass zu schnelles Lernen automatisiert wird und nur mit viel Mühe wieder abtrainiert werden kann. Und das möchte die Lehrherrin doch sicher nicht!
Also - was genau möchte die Chefin mit ihrer Aussage bewirken? Hannah ist auf jeden Fall noch mehr verunsichert.
Wie wunderbar wäre es gewesen, wenn die Chefin so zu Hannah hätte sprechen können:
"Hannah, ich finde sehr gut, dass Du Dir immer Gedanken machst, wie Du unsere Kundschaft noch zufriedener stellen kannst. Doch mir fällt auf, dass Du dann unsicher bist, das Überlegte umzusetzen, weil ich glaube, dass Du alles super gut machen möchtest. Du kannst jetzt schon viel mutiger sein!
Ich schlage Dir die vier Schritte vor:
Überlegen - Machen - Überprüfen - eventuell Verbessern.
Versuchs mal und sag mir, wie Du dich dabei fühlst. Im übrigen freue ich mich über Deine Fortschritte - ich finde, dass Du schon tolle Frisuren gestalten kannst (Hannah hat bereits Preise gewonnen)."
Möglicherweise würde die Chefin jetzt sagen, genau, das habe ich doch gemeint!!!!!
Doch gesagt hat sie was völlig anderes!!!
Wertschätzende Sprache kann Menschen verzaubern. Sie kann sie mutig machen, den Selbstwert stärken und sie kann auch die Aufmerksamkeit Mitmenschen gegenüber verbessern. Nur so kann der gegenseitige wertschätzende Umgang praktiziert werden.
Alter und Status alleine sind jedenfalls keine Kriterien für Achtung, Respekt und Anerkennung.
Zum Schluss noch einmal zu meiner Freude. Ich bin sehr froh, dass Hannah sich so frühzeitig Hilfe holt. Auch das zeichnet diese junge Frau aus.
Ich wünsche ihr von Herzen viele erwachsene Menschen, die mit ihrer wertschätzenden Kommunikation zu einem freudvollen Lernen und Leben ermuntern.
Das wünsche ich allen jungen Menschen dieser Welt!
Schreiben Sie uns doch auf diesem Blog oder auch über Facebook, wenn Sie ähnliche Erfahrungen wie Hannah gemacht haben. Wir freuen uns auch über positive Erfahrungen.
Ich wünsche mir, dass alle Ausbilder / Lehrherren und Lehrfrauen / sich ihrer so wichtigen Entwicklungsarbeit für junge Menschen bewusster werden. Die Basis ist neben der Fachkompetenz immer zugleich die hohe Qualität der zwischenmenschlichen Kommunikation.
Hierfür ist unser Institut der beste Lernraum!
Sichern Sie sich einen Platz in unserem nächsten Workshop (19./20. August 2017). Näheres sehen Sie auf unserer
Homepage.
Natürlich vereinbaren wir für Ihr Haus gerne auch separate Termine.
Ihre
Dr. Christel Frey
IFF NoStress Institut