Mittwoch, 29. März 2017

"Du sollst nicht denken, Du sollst nur arbeiten!"

Hannah - so nenne ich jetzt mal die junge Frau - die zur Zeit im zweiten Ausbildungsjahr als Friseurin ist und sich von mir Hilfe holen möchte. Sie weint, ist ratlos und überlegt sich die Ausbildung abzubrechen, zumal sie von ihrer Mathematiklehrerin nach einem misslungenen Test auch die Frage gestellt bekam, ob sie denn denke, in diesem Beruf richtig zu sein!

Ich lerne Hannah als eine sehr kreative junge Frau kennen, die anfängt zu schwärmen, wenn es um Haare geht und außerdem noch hoch sensibel im Umgang mit Menschen ist.

Ich kann mich zunächst nur freuen, einem so wertvollen jungen Menschen zu begegnen! Die Tatsache allerdings, dass Hannah weinend und resigniert vor mir sitzt, löst bei mir auch Ärger aus.

Der Ärger bezieht sich vorrangig darauf, dass Lehrbeauftragte so viele kleine Seelen stören können. Lehrlinge sind uns anvertraut, ihnen unsere Fertigkeiten und Erfahrungen in immer wertschätzender Weise zu vermitteln. Die Erwachsenen sind es, die unseren Heranwachsenden Wertschätzung vorleben müssen. Natürlich muss auch Kritik sein, aber auch diese immer in einer konstruktiven Sprache.

NUR SO FUNKTIONIERT LERNEN!


Den Satz "Du sollst nicht denken, Du sollst arbeiten" bekommt Hannah mehrmals in der Woche von ihrer jungen Chefin zu hören. Und zwar immer dann, wenn sie schneller sein soll! Der "Profitipp" dabei ist: "Mach jetzt einfach mal schnell, später kannst Du die Feinheiten lernen!"

Nicht nur Hannah kann mit dieser "Belehrung" nichts anfangen, sondern ich auch nicht. Im Übrigen widerspricht diese Aussage jeder wissenschaftlichen Lernstrategie, die davon ausgeht, dass zu schnelles Lernen automatisiert wird und nur mit viel Mühe wieder abtrainiert werden kann. Und das möchte die Lehrherrin doch sicher nicht!

Also - was genau möchte die Chefin mit ihrer Aussage bewirken? Hannah ist auf jeden Fall  noch mehr verunsichert.

Wie wunderbar wäre es gewesen, wenn die Chefin so zu Hannah hätte sprechen können:

"Hannah, ich finde sehr gut, dass Du Dir immer Gedanken machst, wie Du unsere Kundschaft noch zufriedener stellen kannst. Doch mir fällt auf, dass Du dann unsicher bist, das Überlegte umzusetzen, weil ich glaube, dass Du alles super gut machen möchtest. Du kannst jetzt schon viel mutiger sein!

Ich schlage Dir die vier Schritte vor:
Überlegen - Machen - Überprüfen - eventuell Verbessern. 

Versuchs mal und sag mir, wie Du dich dabei fühlst. Im übrigen freue ich mich über Deine Fortschritte - ich finde, dass Du schon tolle Frisuren gestalten kannst (Hannah hat bereits Preise gewonnen)."

Möglicherweise würde die Chefin jetzt sagen, genau, das habe ich doch gemeint!!!!!
Doch gesagt hat sie was völlig anderes!!!

Wertschätzende Sprache kann Menschen verzaubern. Sie kann sie mutig machen, den Selbstwert stärken und sie kann auch die Aufmerksamkeit Mitmenschen gegenüber verbessern. Nur so kann der gegenseitige wertschätzende Umgang praktiziert werden.


Alter und Status alleine sind jedenfalls keine Kriterien für Achtung, Respekt und Anerkennung.


Zum Schluss noch einmal zu meiner Freude. Ich bin sehr froh, dass Hannah sich so frühzeitig Hilfe holt. Auch das zeichnet diese junge Frau aus.

Ich wünsche ihr von Herzen viele erwachsene Menschen, die mit ihrer wertschätzenden Kommunikation zu einem freudvollen Lernen und Leben ermuntern.

Das wünsche ich allen jungen Menschen dieser Welt!

Schreiben Sie uns doch auf diesem Blog oder auch über Facebook, wenn Sie ähnliche Erfahrungen wie Hannah gemacht haben. Wir freuen uns auch über positive Erfahrungen.

Ich wünsche mir, dass alle Ausbilder / Lehrherren und Lehrfrauen / sich ihrer so wichtigen Entwicklungsarbeit für junge Menschen bewusster werden. Die Basis ist neben der Fachkompetenz immer zugleich die hohe Qualität der zwischenmenschlichen Kommunikation.

Hierfür ist unser Institut der beste Lernraum! Sichern Sie sich einen Platz in unserem nächsten Workshop (19./20. August 2017). Näheres sehen Sie auf unserer Homepage.

Natürlich vereinbaren wir für Ihr Haus gerne auch separate Termine.

Ihre 
Dr. Christel Frey
IFF NoStress Institut

Donnerstag, 23. März 2017

Lob - mehr als nur ein notwendiges Übel?

"Wenn keiner vor Deinem Schreibtisch steht, hast Du alles gut gemacht!"

Das war der Begrüßungssatz von Kollegen zum Arbeitsbeginn eines Klienten von mir. Gedacht als kleine Vorwarnung: "Schmink Dir ab, dass Du hier für deine Arbeit Lob erhältst!"

Das scheint die meisten Menschen nicht wirklich zu überraschen.

Es hat sich herumgesprochen! Die Lobkultur in Deutschland hat noch viel Luft nach oben! Denn als Bedingung für Kultur gilt für Kant die „Idee der Moralität“. Das heißt, dass die Menschen ihre Handlungen bewusst auf an sich gute Zwecke einrichten.

Vielleicht können Menschen mit ihrer angeborenen (?) Erwartung, gelobt zu werden, besser umgehen, wenn sie ihre Erwartungen nach unten schrauben? Vielleicht kann mit dieser Klarheit die genetische Erwartungs-Programmierung sogar gelöscht werden, damit sie nicht mehr so große Enttäuschungen hervorruft?

So viel schon jetzt: Kann sie nicht! Denn Fremd-Lob ist der zweite Teil - neben Selbst-Lob (um das es  in unserer Kultur auch schlecht gestellt ist!) - den es zur notwendigen täglichen Stabilisierung des Selbstwertes braucht.

Wie kann deshalb den abertausend Führungspersonen (auch Erziehungsberechtigten, Lehrern und, und, und!) klar gemacht werden, welch positive Wirkung "Lob" auf die Motivation, die Gesundheit und damit direkt auf die Arbeitsleistung hat?

Meine Erfahrungen als Organisations- und Personalentwicklerin zeigen sich in diesen verunsicherten und auch hilfesuchenden Fragen und Aussagen vieler Führungskräfte:
  • Soll ich jetzt den ganzen Tag rumlaufen und loben?
  • Warum soll ich loben für eine ganz normale Arbeit?
  • Die Leute bekommen ihr Geld - warum dann noch Lob?
  • Wenn ich EINEN lobe, muss ich alle loben!
  • Wenn ich nichts sage, ist doch alles in Ordnung! Das wissen alle!
  • Wenn ich eine Arbeit lobe, denkt der Mitarbeiter (MA), dass er/sie sich nicht mehr verbessern muss!
  • Wenn ich lobe, nehmen mich die MA nicht mehr so ernst - denken, dass ich so ein "Schmuser" wäre.
Ich weiß nicht, was noch alles geschrieben, gesagt, getan werden muss, um eindringlich klar zu stellen, dass ausbleibendes Lob ein soziales Gift darstellt, das der Gesundheit der betroffenen Menschen erheblich schadet. Natürlich schadet das auch der wirtschaftlichen Seite.

Das alles, obwohl Lob keinen Cent kostet!

Aus diesen Gründen gebe ich nicht auf, mich auf die weitere Suche zu machen, diesem Dilemma für Mensch und Wirtschaft ein Ende zu setzen!

Zusammengefasst: Ich glaube wirklich, dass LOBEN als eine Schwäche (insbesondere männliche Schwäche?) bewertet wird und deshalb Unsicherheiten entstehen. Denn wer will schon als schwach beurteilt werden? Doch kein Mensch! Insbesondere keine Führungskraft!

Dem kann aber abgeholfen werden!

In unserem IFF NoStress Institut haben wir mit einen neuen Projekt begonnen.
Wir bauen in Unternehmen/Organisationen unseren Lob-Pavillon für eine bestimmte Zeit  (Lob-Aktionstage) auf. Was ist das? Was wird da gemacht? Lohnt es sich da mitzumachen?

Hier die Antworten:
Alle Mitarbeiter (m/w) können  den Lob-Pavillon besuchen und dort (natürlich anonym) mitteilen

  1. für welche Arbeit sie gerne gelobt werden möchten
  2. wen sie selbst gerne loben würden. Sie erhalten dann ihre "Lobsteine", die sie in nächster Zeit einlösen können.
Die "Lobwünsche" werden zunächst an Pinnwänden veröffentlicht (natürlich anonym). Diese Transparenz soll dazu führen, eine neue Lobkultur zu kultivieren und diese zu einem selbstverständlichen, täglichen Vorgang werden zu lassen. 

Zusätzlich finden an diesem Tag kurze Workshops (1-2 Stunden) statt, an denen die MA in wertschätzendem Loben "trainiert" werden. Denn auch das will gelernt sein!

Interesse daran?? Dann freue ich mich von Ihnen zu hören:

0 62 37 - 979 365

Herzliche Grüße

Dr. Christel Frey
IFF NoStress-Institut